Gesetzlicher Mindestlohn steigt auf über 10 Euro

in 4 einzelnen Schritten

Die zuständige Kommission hat sich auf eine Erhöhung des Mindestlohns von jetzt 9,35 Euro auf 10,45 Euro pro Stunde geeinigt. Allerdings nicht auf einmal, sondern in vier halbjährlichen Schritten.

1. Ab Anfang nächsten Jahres gibt es 9,50 Euro

2. ab Juli 9,60 Euro

3. ab Januar 2022 dann 9,82 Euro

4. ab Mitte des Jahres schließlich 10,45 Euro

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sprach von einer guten Nachricht für rund zwei Millionen Arbeitnehmer. Er kündigte an, die Empfehlung über eine Verordnung verbindlich machen zu wollen. Der Anfang 2015 eingeführte Mindestlohn sei eine Erfolgsgeschichte, die aber fortgeschrieben werden müsse. Im Herbst wolle er deshalb Vorschläge für eine Reform machen. "Der Mindestlohn darf nicht abgehängt werden." Heil verwies darauf, dass die Lohnuntergrenze derzeit bei nur 46 Prozent des Durchschnittseinkommens liege. Die Richtmarke von 12 Euro sei deshalb "eine gute Orientierung".

Lob von Gewerkschaften und Arbeitgebern

Der Mindestlohn gilt für alle volljährigen Arbeitnehmer - außer für Langzeitarbeitslose nach einer Arbeitsaufnahme in den ersten sechs Monaten. Auch für Azubis, Menschen mit Pflichtpraktikum oder Praktika unter drei Monaten gilt er nicht. Daneben haben mehrere Branchen tarifliche Mindestlöhne, die über der Lohnuntergrenze liegen.
Der Vorsitzende der Kommission, Jan Zilius, verwies darauf, dass über die jetzige Anpassung in Zeiten großer wirtschaftlicher Unsicherheit zu entscheiden gewesen sei. Das Gremium beriet auch länger als vorgesehen, die zunächst am Mittag geplante Bekanntgabe musste verschoben werden.

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte Vorstandsmitglied Stefan Körzell die Verständigung. "Allein in den nächsten beiden Jahren bringen die Mindestlohnsteigerungen insgesamt knapp zwei Milliarden Euro mehr im Portemonnaie der Beschäftigten." Wünsche nach einer Erhöhungspause wegen der Corona-Krise hätten sich am Ende nicht durchsetzen können. Das nun als Basis für künftige Anpassungen vorgesehene Niveau von 10,45 Euro sei "ein deutlicher Schritt, um schneller zu den geforderten 12 Euro zu kommen". Grundsätzlich könne der Mindestlohn aber nur eine untere Haltelinie sein.

Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, sagte, die Kommission habe einmal mehr bewiesen, wie gut Sozialpartnerschaft in Deutschland funktionieren könne. Auch die Anhebung des Mindestlohns müsse der beispiellosen Rezession wegen der Corona-Krise Rechnung tragen. Daher konzentriere sich der erste Schritt auf einen Inflationsausgleich. Die niedrigeren gestaffelten Anpassungsschritte für das Jahr 2021 schafften vor allem für kleine und mittelständische Betriebe mehr Luft, da sie durch die Corona-Krise besonders hart getroffen seien.

Zuvor hatten die Forderungen der Sozialpartner weit auseinander gelegen. Die Gewerkschaften wollten den Mindestlohn mit 12 Euro auf die Armutsgrenze anheben, die statistisch als 60 Prozent des mittleren Lohns definiert wird. Die Arbeitgeber hingegen brachten unter Verweis auf die Corona-Krise und die weithin stagnierenden Tarifeinkommen mehrfach eine Nullrunde ins Spiel.

Grundsätzlich orientiert sich die unabhängige Kommission an der zurückliegenden Entwicklung der Tariflöhne. In einer "Gesamtabwägung" zusammengebracht werden sollen laut gesetzlicher Vorgabe dann der Mindestschutz der Arbeitnehmer, faire Wettbewerbsbedingungen und das große Ziel, Beschäftigung nicht zu gefährden. Dabei gibt es einen gewissen Spielraum, was genau in die Berechnung einbezogen wird.